Die Fürstin vom Staatzer Berg

27.07.2021


Dieses Mal,

lass Dir

die Geschichte

vor

der Geschichte

erzählen!



Nahezu jeder hier in der Gegend kennt die Geschichten über das wahnsinnig gewordene Burgfräulein vom Staatzer Berg, die Geisterfrau die immer noch den Berg beherrscht und über viele Epochen hinweg spukt. In der Sage kommt sie nicht immer so gut weg und gilt oft als Verräterin, doch höre dir die wahre Geschichte aus ihrer Sicht an.


Die Uhr schlug genau 20 Uhr als die Türe zur Wolfshütte aufging und eine wunderschöne Frauengestalt, Richtung Geisterstuhl schritt. Sie hatte ein weißes, langes Nachtkleid an, mit einem blauen Kapuzenmantel und aufwendig bestickten Schühchen. Ihr langes, gewelltes, braunes Haar ging ihr bis über die Hüften hinab und ihre schlanke, blasse Gestalt strahlte eine mächtige Energie aus.

Wohl merkte ich sofort, dass sie aus bestem Hause zu sein schien und begrüßte sie höflich. Ihr Name war Mildrid, sie war 25 Jahre alt und die Gemahlin des Fürsten Siegurts, sie lebten glücklich in einer kleinen Siedlung, um das Jahr 700-800, am Gipfel des Staatzer (nannte sich früher anders) Berges. Dort stand ihre Siedlung und viele Holzhäuser, mit einem kleinen Wall aus Dornenhecken und Holzbrettern. Der Mittelpunkt bildete der Hof, dort wurde getanzt, gesungen, gefeiert und alle lebten sehr glücklich.

Um den Berg herum war noch alles voller Wald, so dicht, dass es sehr schwer war durchzukommen. Die Wälder waren gefährlich zu den damaligen Zeiten und die Menschen voller Vorsicht. Am Fuße des Berges waren einige Marktstände, die alles Mögliche verkauften und es wurde rege Handel betrieben. So auch mit den Menschen hoch oben am Berg. Viel zu gutgläubig waren diese Menschen, denn sie sollten diese "Blauäugigkeit" noch bitter bereuen.

Ihr Gesicht veränderte sich und sie senkte müde den Kopf, traurige Erinnerungen haben tiefe Risse in ihre Seele geritzt. Sie zeigte mir als nächste Männer mit roten Umhängen, die in einer großen Schlacht ihre ganze Sippe töteten, regelrecht abgeschlachtet hatten und dies bei Nachts, in der Dunkelheit. Ihren kleinen fast vierjährigen Sohn Siegurt raubten sie und steckten ihn und andere Kinder, in einen Kastenwagen, der von Pferden gezogen wurde, sie sah noch wie sie ihn wegbrachten. Sie wehrte sich und wollte zu ihm, da schlugen auch schon zwei Männer auf sie ein. Hier möchte ich keine genauen Details schreiben, es passierte Schreckliches mit ihnen und Mildred wurde dabei immer wieder bewusstlos.

Als sie wach wurde, lag sie unter vielen toten Frauen und kroch langsam unter den Leichenhaufen hervor. Es war das Morgengrauen angebrochen, die schreckliche Nacht ging dem Ende zu und die fremden Männer waren weg. Blutgeruch und Rauch lag in der Luft, sie sah sich um und entdeckte nicht weit von ihr, ihren Mann Siegurt, ein unglaublicher Schrei kam, in diesem Moment aus ihrem Mund. Sie humpelte schmerzverzerrt zu ihm und weinte bitterlich, sie schwor ewige Rache, verfluchte die beiden Verräter und versprach, dass sie hierbleiben würde, um über alle zu wachen. Sie begrub ihn mit ihren bloßen Händen und am Schluss legte sie noch, mit ihren blutverschmierten Fingern, große Steine auf das Grab. Sie weinte und dachte, dass ihr Sohn auch tot wäre, denn sie wisse nicht, was aus ihm wurde.

Doch dies war nicht der Fall, denn ich holte ihn hier zu uns in die Wolfshütte. Ich bemerkte ihn erst, als er mich ein wenig an meinem Ärmel zupfte, dann sah er sogleich seine Mama Mildred und umarmte sie. Ein bildhübscher, blondgelockter, blauäugiger Bub, der große Ähnlichkeiten mit seinem Vater hatte. Er erzählte, dass er mit anderen Kindern weggebracht wurde und er an einem Bauernhof, in der Nähe von Wiener Neustadt kam und man ihn Siegfried taufte. Dort ging es ihm sehr gut, da die Bauernfamilie ihn völlig, als eigenes Kind akzeptierte und er den Bauernhof übernehmen durfte, als er älter wurde. Er hatte glücklich geheiratet und mit seiner Frau drei wunderschöne Mädchen und einen leider verstorbenen Sohn gezeugt. Er lebte ein glückliches und langes Leben und je länger er erzählte, desto älter wurde er hier in der Wolfshütte.

Nun wieder zu der verhängnisvollen Nacht! Nachdem sie ihren Mann den Fürsten Siegurt begraben hatte, stellte sie fest, dass nur sie, drei weitere Frauen und ein alter Mann ihrer Sippe überlebt hatten. Sie lebten bis zum Tode noch viele Jahre in der Nähe des Berges.

Hier war dann auch der Zeitpunkt gekommen, indem ich ihren Mann dazu holte. Ein großer bäriger, fescher, blonder und bärtiger Mann. Er strahlte eine mächtige Energie aus. Die Freude war groß, jedoch besänftigte sie das nicht und sie sagte sehr bestimmend, dass sie ihre Aufgabe am Berg noch nicht erfüllt hätte, aber bald und dann würde sie mit ihnen gehen.

Sie erzählte so vieles und wiederholte immer wieder "Schlecht ist Schlecht und Verräter bleibt Verräter" ein Verräter ist wie ein DORN in der Familie und wirkt über viele Generationen.

Ich solle ihre Geschichte richtigstellen, denn sie wurde immer wieder abgeändert, je nach Epoche, wie ein umgeschriebenes Rezept. Sie möchte klarstellen, dass sie das Opfer war und ihre ganze Familie und dass in jeder Geistergeschichte des Berges, es ihr Geist war, der hier wandelte. Sie habe ihre Ruhe noch nicht gefunden, da sie ihren Namen noch nicht reinwaschen konnte. Sie möchte deutlich sagen, dass der Berg ihre Heimat war und sie dankbar darüber ist, ihre wahre Geschichte hier zu erzählen.

Sie ist das wahre Mahnmal des Berges, ein Mahnmal gegen Verrat und Gewalt und ein Zeichen für die ewige Liebe!

Wenn ihr der Fürstin des Berges, der weißen Frau begegnen wollt, dann tut dies bei Morgengrauen und ihr werdet ihre Schreie vernehmen und vielleicht sogar einen kleinen Schatten von ihr sehen.

Als unser Gespräch dem Ende zu ging, teilte sie mir noch einige persönliche Worte mit und schritt dann fürstlich zum Ausgang.

Hier weben wir FRIEDEN übers Land und vergesst nicht, bleibt aufrichtig und ehrlich.

Die HabichtHex